Archiv für den Monat: Mai 2007

Leistungsanspruch auf Klassenfahrtkosten nach SGB II

Leistungen des SGB II werden auch für mehrtägige Klassenfahrten gewährt, da Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehung durch die Schulen sind. Pauschalen werden hierbei nicht vorgesehen, es werden die tatsächlichen Kosten übernommen. Es handelt sich um einen Leistungsanspruch und keine darlehensweise Gewährung der Kosten. Der Anspruch steht dem Kind und nicht den Eltern zu.

LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.04.2007

Quelen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit

Wirksame Eingliederungsvereinbarung setzt Vertragsverhandlungen voraus

Der Gesetzgeber hat mit der Eingliederungsvereinbarung ein Vermittlungskonzept vorgesehen, in das auch individuelle Gesichtspunkte einfließen. Der Gesetzgeber hat daher bewusst die Formulierung „vereinbart“ gewählt, um zu verdeutlichen, dass ein Vertragsschluss zwischen zwei gleichberechtigten Partnern und gerade keine einseitige Vorgabe durch den Leistungsträger erfolgen soll. Eine Sanktionierung wegen des Verstoßes gegen die Eingliederungsvereinbarung scheidet deshalb aus, wenn keine Vertragsverhandlungen geführt worden sind.

SG Hamburg, Beschluss vom 08.05.2007, S 12 AS 820/07 ER

Quellen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit

Erwerbsloser muss persönlich bei Arbeitsagentur erscheinen

Ein Erwerbsloser muss persönlich bei der Arbeitsagentur erscheinen, wenn er sich arbeitslos meldet. Der Betroffene darf sich nicht auf eine telefonische oder schriftliche Mitteilung beschränken. Arbeitslosengeld muss ihm daher auch erst ab dem Zeitpunkt des persönlichen Erscheinens gezahlt werden. Bei diesem Erfordernis einer persönlichen Arbeitslosmeldung handelt es sich nicht lediglich um ein entbehrliches Formerfordernis. Vielmehr setzt aktive Arbeitsförderung den persönlichen Kontakt voraus. Nur so wird die Arbeitsagentur optimal in die Lage versetzt, sofort mit ihren Vermittlungsbemühungen beginnen zu können. Eine fehlende persönliche Arbeitslosmeldung kann nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch vorverlegt werden.

LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.03.2007, L 1 AL 7/06

Quellen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit

Keine Erstattungspflicht für Kosten zur Wohnungsrenovierung nach § 22 Abs. 1 SGB II

Die zur Wohnungsrenovierung getätigten Aufwendungen müssen im Rahmen von § 22 Abs. 1 SGB-II nicht erstattet werden. Auch eine Unzumutbarkeit des Wohnungswechsels wird durch bereits getätigte Aufwendungen zur Renovierung nicht begründet.

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.02.2007, L 20 B 9/07 AS ER

Quellen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit

Rechtfertigung der Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen

Die Aufforderung, Kontoauszüge über mehrere Monate vorzulegen ist gerechtfertigt, wenn die geforderten Kontoauszüge Rückschlüsse auf das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen von Hilfebedürftigkeit ermöglichen und einen bestimmten Zeitraum umfassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Leistungsempfänger weigert, seine Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit, insbesondere aber dem Verkauf eines von ihm verfassten Buches zu konkretisieren, wenn dieses Buch zeitnah bereits in zweiter Auflage erschienen ist.

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.02.2007, L 20 B 12/07 AS ER

Quellen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit

Pflichtversicherung von Empfängern sozialhilferechtlicher Krankenhilfe

Personen, die vom Sozialhilfeträger bislang ausschließlich Leistungen der Krankenhilfe bezogen haben, sind ab dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Das hat das Sozialgericht Speyer in mehreren Eilverfahren entschieden und den Anträgen der Betroffenen stattgegeben (Beschlüsse vom 19. April 2007, Az. S 11 ER 164/07 KR, vom 23. April 2007, Az. S 7 ER 162/07 KR und vom 25. April 2007, Az. S 7 ER 163/07 KR).

Am 1. April 2007 trat das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft, das unter anderem eine Erweiterung des gesetzlich krankenversicherten Personenkreises vorsieht. Diese gesetzlichen Änderungen nahm die Stadt Ludwigshafen zum Anlass, um ihre Leistungen der Krankenhilfe gegenüber denjenigen Beziehern einzustellen, die bisher von ihr ausschließlich solche Leistungen erhielten. Sie verwies die Betroffenen an die gesetzlichen Krankenkassen, die ihrerseits allerdings eine Mitgliedschaft bei ihnen verneinten. Sie begründeten dies damit, dass mit den bisher erbrachten Leistungen der Krankenhilfe ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall existiere. Nach der Neuregelung stehe dies einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung entgegen.

Dem folgten die Speyerer Richter nicht. Zwar sieht das Gesetz vor, dass Bezieher von laufenden Sozialhilfeleistungen nicht pflichtversichert sind. Die Leistungen der Krankenhilfe werden jedoch von diesem Ausschluss gerade nicht erfasst. Auch aus der Gesetzesbegründung kann nichts Gegenteiliges abgeleitet werden, obwohl dort der Bezug von Krankenhilfe ausdrücklich noch als anderweitige Absicherung aufgeführt ist. Denn insoweit ist zu beachten, dass der dieser Begründung zugrunde liegende Gesetzentwurf nicht umgesetzt wurde und stattdessen ein veränderter Ausschlusstatbestand zum 1. April 2007 in Kraft getreten ist. Da die Antragsteller weiterhin geltend gemacht hatten, aufgrund von Krankheiten dringend auf das Bestehen eines Krankenversicherungsschutzes angewiesen zu sein, sind die Krankenkassen vom Sozialgericht Speyer verpflichtet worden, sie als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung zu behandeln.

Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.

Quelle:

Pressemeldung des Sozialgericht Speyer (09.05.2007)

Warmes Wasser muss zusätzlich gezahlt werden

Hartz-IV-Empfängern dürfen die Energiekosten für warmes Wasser nicht von den Unterkunftszahlungen abgezogen werden. Das Sächsische Landessozialgericht hat entschieden, dass ebenso wie Heizkosten die Ausgaben für warmes Wasser aus der Leitung zusätzlich zu den Regelleistungen zu zahlen sind. Anders ist für die Hilfsbedürftigen ein menschenwürdiges Dasein nicht gesichert.

Sächsisches LSG, Urteil vom 10.05.2007, L 3 AS 101/06

Quelle:

Jurion

Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn nicht eindeutig erkennbar ist, wo der Widerspruch einzulegen ist

In der Rechtsbehelfsbelehrung hat die Behörde sicherzustellen, dass der unvertretene Bürger auf den ersten Blick erkennt, wo er den Widerspruch einlegen muss, weshalb die (Widerspruchs-) Behörde mit Ortsangabe, Strasse und Hausnummer angegeben werden muss. Die Bezugnahme, dass der Widerspruch „bei der oben genannten Stelle“ einzulegen sei, genügt deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht, wenn sich aus dem Wortlaut des Bescheides zwei Behörden ergeben.

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.05.2007, L 7 B 58/07 AS

Quelle:

Jurion

Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft setzt keine Beziehung als Liebespaar voraus

Nach den tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II ist für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft keine Liebesbeziehung der Zusammenlebenden erforderlich. Es spricht u.a. für eine Bedarfsgemeinschaft, wenn die Lebensabläufe der Leistungsempfänger seit einem Jahrzehnt eng miteinander verbunden sind und dies sowohl das Wohnen als auch Beruf und Familie betrifft.

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.04.2007, L 7 B 69/07 AS ER

Quellen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit

Besichtigung einer nach sozialhilferechtlichen Kriterien zu großen Wohnung im Dunkeln begründet keine unausweichlich hohen Wohnkosten

Eine Wohnung ist nicht als sozialhilferechtlich angemessen anzuerkennen, wenn die Mieterin spätestens bei Abschluss des Mietvertrages hätte erkennen müssen, dass es sich um eine besonders große und teure Wohnung handelt, keine vorherige Zustimmung der Behörde eingeholt und keine Gründe für die Unausweichlichkeit dargelegt hat. Eine regelmäßige zweckgebundene Zahlung zur Begleichung von Mietschulden ist ebenso wie Wohngeld als Einkommen zu bewerten.

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.03.2007, L 20 B 4/07 SO ER

Quellen:

Jurion und Sozialgerichtsbarkeit